Regelmäßig streiten sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber darüber, welche Sachverhalte zur Arbeitszeit gehören und welche nicht, sodass Arbeitsgerichte oftmals mit diesen Themen befasst sind. Dazu gehören Fragestellungen, ob Duschen und Umkleiden im Unternehmen zur Arbeitszeit gehören oder nicht. Was die Rechtsprechung dazu sagt – lesen Sie mehr.
Sich während der Arbeitszeit umkleiden: Weißkittel und Blaumänner
Es sind vor allem Mitarbeiter in Krankenhäusern, die spezielle Berufskleidung tragen müssen. Das gilt für Krankenschwestern ebenso wie für Ärzte und OP-Personal, aber auch für Mitarbeiter in Handwerksbetrieben, die Arbeitskleidung tragen müssen. Tatsächlich gibt es diesbezüglich in Arbeitsverträgen meistens keine Regelung. Auch Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen schweigen sich meistens darüber aus. Kommt es darüber zu einer rechtlichen Auseinandersetzung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, müssen die Arbeitsgerichte darüber entscheiden, ob Umkleiden zur Arbeitszeit gehört oder nicht.
Gerichtliche Entscheidungen: Gehört Umkleiden zur Arbeitszeit?
In einer Entscheidung vom 6. Juli 2015 wertet das Landesarbeitsgericht (LG) Hamburg – Az. 8 Sa 53/14 – das Wechseln der Kleidung als Arbeitszeit, wenn der Arbeitgeber eine bestimmte Arbeitskleidung zwingend vorschreibt. Mit Arbeitskleidung ist die Kleidung gemeint, die Arbeitnehmer ausschließlich zu Arbeitszwecken tragen dürfen, sodass sie sich im Betrieb umkleiden müssen. Sofern der Arbeitgeber betriebliche Umkleideräume bereitstellt, gehören auch die Wege von und zum Umkleideraum zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit. Das gilt auch für vorgeschriebene spezielle Schutzkleidung. Sofern in Tarifverträgen anders lautende Regelungen enthalten sind, sind diese unwirksam. Damit hat sich das LG Hamburg einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) – 5 AZR 678/11) vom 19. September 2012 angeschlossen.
Umkleiden während der Arbeitszeit und die Frage der Bezahlung war auch Thema einer jahrelangen rechtlichen Auseinandersetzung von Polizisten in Nordrhein-Westfalen (NRW) mit ihrem Dienstherrn, die die Anrechnung von sogenannten Rüstzeiten zum Inhalt hatte. Sie forderten, dass Uniform anziehen, Handfesseln einstecken, Schutzweste anziehen und Pistolen kontrollieren vor dem Schichtdienst zur bezahlten Arbeitszeit gehört. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hat in seinem Urteil vom 3. November 2016 – Az. 6 A 2151/14 – zugunsten der Polizisten entschieden. Danach werden für die Rüstzeiten pro Schichtdienst zwölf Minuten als Arbeitszeit gut geschrieben – eine Regelung, die Beamte im Wechselschichtdienst betrifft. Mit diesem Urteil endete ein jahrelanger Rechtsstreit.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Umkleiden dann zur Arbeitszeit zählt, wenn der Arbeitgeber bestimmte Arbeitskleidung verpflichtend vorschreibt, die ausschließlich zu Arbeitszwecken getragen werden darf, sodass sich die Mitarbeiter direkt im Betrieb umkleiden müssen. Das gilt beispielsweise für Krankenhauspersonal sowie für Angestellte im Lebensmittelbereich, die aus hygienischen Gründen Schutzkleidung tragen müssen.
Gehört Duschen zur Arbeitszeit?
Handelt es sich um schweißtreibende Arbeiten oder Tätigkeiten, die zur Verschmutzung der Arbeitskleidung führen, stellt sich die Frage, ob Duschen in der firmeneigenen Dusche zur Arbeitszeit gehört oder nicht. Nach Auffassung der Arbeitsgerichte kommt es auf den Einzelfall an. Duscht ein Mitarbeiter aus Gründen des Arbeitsschutzes oder weil gesetzliche Hygienevorschriften es zwingend erforderlich machen, kann Duschen zur Arbeitszeit gehören. Das gilt insbesondere dann, wenn ein Arbeitnehmer auf Weisung des Arbeitgebers handelt und zwingend vor oder nach der Schicht duschen muss. Dann zählt Duschen regelmäßig zur Arbeitszeit, was beispielsweise für Angestellte in sterilen Laboren gelten kann. Anderes gilt, wenn das Duschen im Unternehmen lediglich dem Wohlbefinden des Mitarbeiters dient. Dann kann dieser vom Arbeitgeber keine Bezahlung dafür verlangen. Allerdings gibt es zu diesem Sachverhalt noch keine wegweisende Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder eines Landesarbeitsgerichts.
Um rechtliche Auseinandersetzung in Bezug auf das Umkleiden und Duschen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu vermeiden, ist es sinnvoll klare Absprachen zu treffen. Wer als Arbeitgeber unmissverständliche Regelungen im Arbeitsvertrag oder im Rahmen einer Betriebsvereinbarung formuliert, kann einen möglichen späteren Rechtsstreit über die Anrechnung von Arbeitszeiten vermeiden.
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