Verdienen Sie gefühlt zu wenig? Sollten Sie eine Gehaltserhöhung einklagen? Grob gesagt, gilt: Die aktuelle Rechtsprechung ist auf Ihrer Seite, wenn Ihr Gehalt mindestens um ein Drittel unter dem Tariflohn liegt. Informationen zum sittenwidrigen Gehalt sowie Begründungen, mit denen sich eine Gehaltserhöhung auch dann einklagen lässt, wenn kein Tarifvertrag greift, finden Sie hier.
Grundsätzlich fallen Arbeitsverträge unter den Grundsatz der Vertragsfreiheit, dass bedeutet: Der Arbeitgeber darf Mitarbeiter mit gleichen Stellenbeschreibungen unterschiedlich entlohnen. Des Weiteren gibt es keinen allgemeinen Rechtsanspruch auf periodische oder einmalige Gehaltserhöhungen. Der Redensart „Wo kein Kläger, da kein Richter“ folgend, muss der Arbeitnehmer selbst aktiv werden, wenn er sich ungerecht entlohnt fühlt und eine Gehaltsanpassung durchsetzen möchte. Bleibt eine Gehaltsverhandlung mit dem Arbeitgeber erfolglos oder wird eine versprochene Gehaltserhöhung nicht eingehalten, so kann der Gang zum Arbeitsgericht für den Arbeitnehmer trotzdem für Lohngerechtigkeit sorgen, wenn er einen der folgenden Ausnahmen vom Grundsatz der Vertragsfreiheit nachweisen kann:
Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB, § 138 ) legt fest, dass Rechtsgeschäfte nichtig sind, wenn sie gegen die guten Sitten verstoßen. Eine Vielzahl von Gerichtsurteilen hat in der Vergangenheit zu der „Faustformel“ geführt, dass ein Arbeitslohn, der mindestens zu einem Drittel unter dem Tariflohn liegt, als sittenwidrig anzusehen ist ( siehe beispielsweise BAG, Urteil vom 26.04.2006 – 5 AZR 549/05 oder LAG Düsseldorf, Urteil vom 19.08.2014 – 8 Sa 764/13).
Liegt Ihr Monatsgehalt zu mindestens einem Drittel unter dem tariflich vereinbarten Lohn, so sind die Aussichten sehr gut, eine entsprechende Gehaltsanpassung per Gerichtsurteil zu erwirken. Möchten Sie eine Gehaltserhöhung einklagen, so beachten Sie bitte im Vorfeld, dass Lohnbestandteile wie Sonderzahlungen und Zuschläge nicht in die Berechnung des Tariflohnes einfließen.
Für einen Arbeitgeber ähnlich bindend wie ein Tarifvertrag ist eine Betriebsvereinbarung: Sind hier Angaben zur Vergütung geregelt, so muss der Arbeitgeber diesen Vorgaben folgen.
Eine weitere rechtliche Grundlage, auf deren Basis eine Gehaltserhöhung einklagbar ist, schafft seit Beginn 2008 das Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG). Es erlaubt dem Arbeitnehmer im Turnus von zwei Jahren, Auskunft über das Durchschnittsgehalt von Kollegen in ähnlichen beruflichen Positionen zu beziehen. Der Arbeitgeber ist zum Gegenbeweis verpflichtet, wenn es Anhaltspunkte für eine Gehaltsdiskriminierung aufgrund von Geschlecht, Hautfarbe oder anderer Merkmale gibt.
Gibt es im Unternehmen über mindestens drei Jahre zu einem fixen Datum eine Gehaltserhöhung, so darf der Arbeitnehmer erwarten, dass eine Gehaltserhöhung weiterhin nach diesem Muster erfolgt. Mit der dreimaligen Wiederholung hat der Arbeitgeber eine sogenannte betriebliche Übung geschaffen, an die er zukünftig gebunden ist. Eine Gehaltserhöhung einklagen lässt sich über diesen Ansatz indes nur dann, wenn im Arbeitsvertrag nicht fixiert ist, dass es sich bei einer Gehaltserhöhung um eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers handelt.
Wer eine Gehaltserhöhung einklagen will, kann im unkomplizierten Fall auf einen branchenspezifischen, für seine Wirtschaftsregion geltenden Tarifvertrag zurückgreifen, um die Sittenwidrigkeit seines Gehaltes zu prüfen und gegebenenfalls vor Gericht geltend machen. Auch eine Betriebsvereinbarung schafft eine tragfähige Basis. Mühsamer gestaltet sich das Zusammentragen von Nachweisen für eine Abweichung von einer betrieblichen Übung oder bei einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot.
Wichtig: Das Portal personal-wissen.net stellt lediglich eine allgemeine Informationsplattform dar. Konkrete Anfragen von Lesern können nicht beantwortet werden, da es sich dabei um Rechtsberatung handeln würde. Falls Sie eine individuelle Rechtsfrage haben sollten, wenden Sie sich bitte an einen Rechtsanwalt oder an die Rechtsabteilung Ihrer Firma. Vielen Dank für Ihr Verständnis.
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