Nachdem zwischen 2001 und 2010 die Arbeitskosten in Deutschland im Vergleich zu den durchschnittlichen Zahlen in der EU langsamer gestiegen waren, bestätigt sich mittlerweile eine Trendwende in dieser Entwicklung, die sich bereits 2011 abzeichnete. Mehr noch: In Deutschland sind die Kosten für Arbeit seit 2011 rasant gestiegen und liegen aktuell um 32 Prozent höher als im EU-Durchschnitt. Damit befindet sich Deutschland im EU-weiten Vergleich an achter Stelle.
In der deutschen Privatwirtschaft wurden 2012 im Schnitt 31 Euro pro tatsächlich geleisteter Arbeitsstunde gezahlt. Das entspricht einer Steigerung von 2,8 Prozent gegenüber 2011.
In der deutschen Industrie lagen die Kosten für Arbeit sogar um 47 Prozent höher als im europäischen Durchschnitt. Die Kosten für eine Arbeitsstunde setzen sich zusammen aus dem Bruttoverdienst und den jeweiligen Lohnnebenkosten. Letztere bestehen hauptsächlich aus den Arbeitgeber-Beiträgen zu den gesetzlichen Sozialversicherungen, also aus den Anteilen zur Kranken-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung. Hinzu kommen Aufwendungen der Arbeitgeber zu den Lohn- und Gehaltsfortzahlungen bei Krankheit sowie zur betrieblichen Altersversorgung.
Bei den Lohnnebenkosten wird ein erheblicher Unterschied Deutschlands im europäischen Vergleich deutlich. Während 2012 europaweit im Schnitt 32 Euro pro 100 Euro Bruttoverdienst gezahlt werden mussten, waren es in Deutschland nur 27 Euro. Es kann also davon ausgegangen werden, dass die vergleichsweise hohen Kosten in Deutschland eher den hohen Bruttolöhnen und -gehältern geschuldet sind als den Lohnnebenkosten.
Die Kosten für Arbeit werden nach geleisteten Arbeitsstunden berechnet. Während in der deutschen Privatwirtschaft Arbeitgeber in 2012 pro Arbeitsstunde 31,00 Euro zahlten, lagen die Kosten in Frankreich um 11 % darunter, in Schweden mit 41,90 Euro pro Stunde weit über den deutschen. Die niedrigsten Arbeitskosten hatte im vergangenen Jahr Bulgarien mit 3,70 Euro pro Stunde zu verzeichnen.
Für den Vergleich der Kosten für Arbeit ist besonders das Verarbeitende Gewerbe von Bedeutung, denn dieses muss sich mehr als alle anderen Wirtschaftszweige im internationalen Wettbewerb behaupten. In diese Kategorie gehören sämtliche Industriebetriebe, die für die Erzeugung ihrer Endprodukte nicht nur Rohstoffe verarbeiten, sondern auch Zwischenprodukte weiterverarbeiten. Mit durchschnittlich 35,20 Euro Kosten pro geleisteter Arbeitsstunde befindet sich Deutschland an dieser Stelle im EU-Vergleich auf dem fünften Rang. In Prozent ausgedrückt bedeutet das: Im EU-weiten Vergleich war Arbeit in der deutschen Industrie 47 Prozent teurer als der Durchschnitt, aber drei Prozent günstiger als beispielsweise in Frankreich.
In der deutschen Privatwirtschaft geht der Trend hin zu steigenden Kosten bei real sinkenden Löhnen und Gehältern. Obwohl die Arbeitskosten im EU-Vergleich in Deutschland bei vergleichsweise hohen Bruttolöhnen deutlich niedriger ausfallen, spürt der einzelne Arbeitnehmer davon relativ wenig. Zwar sind, vor allem aufgrund gestiegener Bruttolöhne, die Arbeitskosten in der deutschen Privatwirtschaft deutlich gestiegen. Die realen Arbeitnehmer-Einkommen sind jedoch heute niedriger als vor zehn Jahren, denn aufgrund von Inflation und real gestiegener Lohn- und Einkommensteuer haben sich die Nettoeinkommen nicht im gleichen Maße erhöht wie Bruttolöhne- und -gehälter.
In den Krisenländern des Euro-Raums, also in Spanien, Italien und Zypern, zeigt sich ein vollkommen anderes Bild bei der Entwicklung der Kosten für Arbeit. Sie stiegen im EU-Vergleich nur unterdurchschnittlich. Griechenland verzeichnet hier für 2012 sogar einen Rückgang. Mittel- und langfristig müssen viele Krisenländer in der Euro-Zone ihre Arbeitskosten noch weiter senken, um wettbewerbsfähig zu bleiben oder überhaupt erst wieder zu werden.
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