Das Aufsuchen eines Arztes ist eine private Angelegenheit und gehört somit in die Freizeit, aber es gibt eine Reihe von Ausnahmen, die einen Arztbesuch während der bezahlten Arbeitszeit erlauben. Dabei gelten für Voll- oder Teilzeitarbeiter im Home Office die gleichen Regelungen wie für die Voll- oder Teilzeitarbeiter in einer Betriebsstätte: Bei akuten Erkrankungen sowie für bestimmte Routine-Untersuchungen ist die bezahlte Freistellung von der Arbeit für den Arztbesuch rechtlich abgesichert. Die terminliche Verfügbarkeit des Arztes begründet gleichfalls eine Notwendigkeit für den Arztbesuch während der Arbeitszeit.
Schon vor rund 35 Jahren hat das Bundesarbeitsgericht mit einem richtungsweisenden Urteil entschieden, dass allein die Notwendigkeit darüber entscheidet, ob der durch einen Arztbesuch während der Arbeitszeit entstandene Arbeitsausfall vom Arbeitgeber vergütet werden muss (BAG, Urteil vom 29.02.1984 – 5 AZR 92/82). „Notwendigerweise“ während der Arbeitszeit zu erledigen ist ein Arztbesuch aufgrund einer akuten Erkrankung oder aufgrund der festgelegten Ablauforganisation in der Arztpraxis. Denken Sie bei Letztgenanntem beispielsweise an Vorsorgeuntersuchungen für Schwangere, die standardisiert vormittags durchgeführt werden.
Als bezahlte Freistellungen vom Arbeitgeber akzeptiert werden neben den Vorsorgeuntersuchungen für Schwangere beispielsweise folgende gesundheitsbedingte Ereignisse:
Manchmal zwingt weder eine akute Erkrankung noch eine Vorsorgeuntersuchung zum Arzt: Strittige Fälle vor dem Arbeitsgericht zur Frage der Notwendigkeit hat es in der Vergangenheit gegeben, wenn eine Arztpraxis dem Wunsch eines Arbeitnehmers nach einem Behandlungstermin in dessen Freizeit nicht nachkommen wollte oder konnte. In den meisten Fällen hat das Arbeitsgericht den Umstand, dass der Arbeitnehmer das Datum und die Uhrzeit der Behandlung nicht selbst beeinflussen konnte, als Notwendigkeit akzeptiert, sodass der Arbeitgeber den Arztbesuch während der Arbeitszeit als bezahlte Freistellung gewähren musste (beispielsweise BAG, 22.01.1986 – 5 AZR 34/85). Bleibt zu sagen, dass der Arbeitgeber in keinem Fall die Arztwahl vorschreiben darf, um einen Arztbesuch des Arbeitnehmers in die Freizeit zu legen.
Unabhängig davon, ob der Besuch beim Arzt voraussichtlich in einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) münden wird: Der Arbeitnehmer muss den Arbeitgeber über einen Arztbesuch während der Arbeitszeit im Vorfeld in Kenntnis setzen. Kommt er dieser Informationspflicht nicht nach, so gefährdet er den Anspruch auf bezahlte Freistellung.
Des Weiteren kann der Arbeitgeber einen Nachweis für den Arztbesuch fordern. In der Regel unterzeichnet der Arzt hierfür eine Bescheinigung, welche Datum und Uhrzeit der Behandlung sowie eine Begründung für die Behandlung während der Arbeitszeit enthält. Analog zu einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung werden Diagnosen dabei nicht für den Arbeitgeber offengelegt.
Ähnlich wie für die regulären Wege zum Arbeitsplatz gilt beim Arztbesuch während der Arbeitszeit der Grundsatz der kürzesten Wegezeit: Der Arbeitnehmer muss nach dem Arztbesuch ohne Zeitverzögerungen, verursacht beispielsweise durch Umwege oder Zwischenaufenthalte an den Arbeitsplatz oder im Falle einer Krankmeldung an seinen Wohnort zurückkehren, wenn er im Zweifelsfall den Anspruch auf bezahlte Freistellung nicht gefährden möchte.
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