Der Arbeitsunfall auf der Toilette ist eine der Fragestellungen in der gesetzlichen Unfallversicherung, die Gegenstand zahlreicher Gerichtsentscheidungen waren und sind. Damit die medizinische Versorgung über die gesetzliche Unfallversicherung abgewickelt werden kann, muss ein Arbeitsunfall bestimmte Kriterien erfüllen. Welche das sind und wann beziehungsweise ob ein Arbeitsunfall auf der Toilette versicherungsrechtlich anerkannt ist – lesen Sie mehr!
Es gibt bestimmte Voraussetzungen, die ein Unfall erfüllen muss, um als Arbeitsunfall eingestuft zu werden. Ein Arbeitsunfall ist ein Unfall nur dann, wenn es sich um ein unerwünschtes Ereignis in Ausübung der betrieblichen Tätigkeit oder auf dem Hin- und Rückweg von und zur Arbeitsstätte handelt. Der durch den Unfall verursachte Gesundheitsschaden muss in einem Zusammenhang mit der versicherten betrieblichen Tätigkeit stehen beziehungsweise im weitesten Sinne auf den betrieblichen Bereich zurückzuführen sein. Nur wenn die genannten Voraussetzungen vorliegen, zahlt die gesetzliche Unfallversicherung die medizinische Versorgung. Bei der Annahme eines Versicherungsfalls ist es ohne Bedeutung, ob den Versicherten ein Eigenverschulden in Form von Fahrlässigkeit oder grober Fahrlässigkeit trifft. Wird der Unfall allerdings vom Versicherten vorsätzlich herbeigeführt, entfällt der Versicherungsschutz.
Der Arbeitsunfall auf der Toilette beschäftigt die Gerichte, weil die gesetzliche Unfallversicherung meistens die Schadenübernahme verweigert. Ob ein Arbeitsunfall auf der Toilette als Arbeitsunfall gilt, ist umstritten, sodass es bei der Beurteilung der Rechtslage auf den Einzelfall ankommt. Grund ist, dass unter den Begriff „Arbeitsunfall“ nicht nur die Unfälle fallen, die in Ausübung einer betrieblichen Tätigkeit geschehen, sondern auch Geschehnisse, die sich unmittelbar in Folge einer versicherten Handlung ereignen.
Die nachfolgenden Beispiele aus der Rechtsprechung verdeutlichen, dass es bei der rechtlichen Beurteilung, ob ein Arbeitsunfall auf der Toilette unter den Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung fällt oder nicht, auf eine genaue Analyse des Einzelfalls ankommt.
– Das Sozialgericht (SG) Düsseldorf kam in seiner Entscheidung vom 5. November 2015 (Az. S 31 U 427/14) zu dem Ergebnis, dass ein Sturz im Hotelzimmer während einer Dienstreise kein Arbeitsunfall ist. Ein Ingenieur war während einer Dienstreise im Hotel über einen Bettüberwurf gestürzt, als er auf dem Weg zur Toilette war. Das Gericht lehnte einen Arbeitsunfall auf der Toilette mit der Begründung ab, dass es sich weder bei einem Bettüberwurf noch bei der Toilette um eine gefährliche Einrichtung des Hotelzimmers handelt und auch kein Zusammenhang zu der versicherten beruflichen Tätigkeit besteht.
– Das Bayerische Landessozialgericht (LSG) war in einem Urteil vom 6. Mai 2003 (Az. L 3 U 323/01) ebenfalls zu dem Ergebnis gekommen, dass bei einem Arbeitsunfall auf der Toilette kein Versicherungsschutz besteht. Eine Kollegin hatte die Türe zur Toilette mit solcher Kraft aufgestoßen, dass eine Auszubildende durch den Aufprall eine erhebliche Kopfverletzung erlitt.
– Zu einem anderen Ergebnis kam die 26. Kammer des Verwaltungsgerichts (VG) Berlin in einer Entscheidung vom 4. Mai 2016 (Az. VG 26 K 54.14). Darin verpflichtete sie das Land, einen Arbeitsunfall auf der Toilette als Dienstunfall anzuerkennen, sodass die beamtenrechtliche Unfallfürsorge greift. Eine Beamtin hatte sich im Sanitärbereich eine Platzwunde zugezogen, als sie mit ihrem Kopf gegen ein geöffnetes Fenster stieß.
Im Gegensatz zu den genannten Entscheidungen handelt es sich um eine Entscheidung aus dem Beamtenrecht. Trotz ihres hohen rechtlichen Gewichts ist es eher unwahrscheinlich, dass diese Entscheidung eine rechtliche Wirkung auch außerhalb des Beamtenrechts entfaltet.
Insgesamt herrscht in der Rechtsprechung eher die Tendenz, den Arbeitsunfall auf der Toilette nicht als Arbeitsunfall anzuerkennen. Ein genereller Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung besteht lediglich auf dem Weg von und zur Toilette, da sich Arbeitnehmer zu diesem Zeitpunkt noch in den Arbeitsräumen befinden. Versicherungsrechtlich erlischt dieser Schutz in den Sanitärräumen, da diese nicht mehr Teil des betrieblichen Umfelds sind.
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