Viele Arbeitnehmer gehen davon aus, dass ihre gesetzliche Unfallversicherung in Gestalt der zuständigen Berufsgenossenschaft im Falle eines Unfalls am Arbeitsplatz oder auf dem Arbeitsweg eintritt. Der Anspruch auf Leistungen wie medizinische (Erst)versorgung, Reha-Maßnahmen, Verletztengeld oder Verletztenrente bei dauerhafter Krankheit scheint somit abgesichert. Verunfallt ein Arbeitnehmer bei der Arbeit in seinem Home Office, so prüft die gesetzliche Unfallversicherung den Hergang indes gründlich, denn: Anders als bei einem Unfall in den Räumen des Arbeitgebers ist der gesetzliche Versicherungsträger bei einem Unfall des Arbeitnehmers in dessen Mobile Office nicht in jedem Fall in der Pflicht.
In den Räumen des Arbeitgebers gelten teilweise andere Regelungen
Verunfallt ein Arbeitnehmer auf dem Arbeitsweg oder in den Räumen des Arbeitgebers, so wird das Ereignis vom gesetzlichen Versicherungsträger meist ohne Einwände als Arbeitsunfall anerkannt. Anders verhält es sich bei Unfällen im Mobile Office: Als kritisch erweist sich die Überschneidung von privat und gewerblich genutzten Wohnbereichen. So ist eine Teeküche in den Räumen des Arbeitgebers beispielsweise als Teil der betrieblichen Arbeitsstätte per se versichertes Terrain. Ein Unfall beim Kaffeeholen beispielsweise wäre hier über die gesetzliche Unfallversicherung abgedeckt. Ein Unfall in der Küche eines Privathaushaltes mit Home Office jedoch ist nicht abgedeckt, da für eine Küche von einer überwiegend privaten Nutzung auszugehen ist.
Häufig zitiert, da allein mit dem gesunden Menschenverstand nicht nachvollziehbar, ist der ganz gewöhnliche Gang zur Toilette: Verunfallt ein Arbeitnehmer während der vereinbarten Arbeitszeit auf dem Weg zum WC in den Räumen des Arbeitgebers – beispielsweise durch einen Treppensturz – so sind die Kriterien für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls erfüllt. Findet das Unglück während der vereinbarten Arbeitszeit im Home Office statt, so wird ein mit dem Toilettengang in Zusammenhang stehender Unfall vom gesetzlichen Versicherungsträger nicht als Arbeitsunfall bewertet.
Einstufung als Arbeitsunfall im Home Office oft strittig
Handelt es sich bei dem Unfall des Arbeitnehmers im Home Office um einen sogenannten Arbeitsunfall? Entscheidend ist hier nicht zwingend der Umstand, ob das Home Office in einem separaten Raum untergebracht oder beispielsweise Teil des Wohnungsflurs ist. Zur Bewertung der Situation fragen der gesetzliche Unfallversicherungsträger und in allerletzter Konsequenz der Gesetzgeber in Gestalt des Bundessozialgerichtes: Was konkret hat der Arbeitnehmer im Moment des Unfalls getan und zu welchem Zweck?
Hier nur ein kleiner Vergleich: Ein Call Center Agent stürzt beim Zurückstellen eines Ordners, den er zur Beantwortung einer Kundenanfrage kurzzeitig am Schreibtisch benötigte. Der gleiche Call Center Agent verletzt sich, während er unter seinem Schreibtisch staubsaugt. Im letztgenannten Beispiel wird die gesetzliche Unfallversicherung nicht haften, weil Raumpflegearbeiten nicht zu den Tätigkeiten von Call Center Agents gehören.
Neben dem Toilettengang und der Nahrungsbeschaffung oder -zubereitung gestalten sich für die Anerkennung als Arbeitsunfall in der Praxis vor allem Unfälle in diesen Situationen als problematisch
- Gerätenutzung ( Beispiel: Fax-Gerät und Drucker stehen im Nachbarraum)
- Materialbeschaffung (Beispiel: Kopierpapier befindet sich im Kellerraum)
- Arbeitsunterbrechungen durch Dritte (Beispiel: Reaktion auf ein Klingen an der Haustür)
Wer eine umfassende Home Office Unfallversicherung wünscht, sollte deshalb zusätzlich zur gesetzlichen Krankenversicherung eine private Unfallversicherung abschließen.
Persönliche Dokumentation schafft hilfreiche Aktenlage
Die Beweispflicht für einen Arbeitsunfall im Mobile Office liegt im Zweifelsfall beim Arbeitnehmer. Die Empfehlung für den Arbeitnehmer ist, einen Unfall im Home Office als Ergänzung zum Arztbericht zeitnah selbst zu dokumentieren. Für die Einstufung als Arbeitsunfall als Voraussetzung zur Gewährung der Leistungen durch die gesetzliche Unfallversicherung muss aus der Stellungnahme hervorgehen, dass sich der Unfall während der vereinbarten Arbeitszeit in Zusammenhang mit der ausgeübten Berufstätigkeit ereignet hat.
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